Gitarren-Aufnahme
Oft stellt sich die Frage nach der besten
Aufnahmemöglichkeit von Gitarren. „Wie erhält man den fettesten Gitarrensound?“
oder „Krasses Metalbrett aufnehmen“ sind nur einige der am häufigsten
gestellten Fragen. Dieser Artikel soll einige Möglichkeiten des Gitarrenrecordings
aufzeigen. Primär wird sich mit grundlegenden Techniken und Arten des Gitarrenrecordings
beschäftigt und Tipps sowie Techniken zur Aufnahme von (Metal-)Gitarren
gegeben.
Vor der Aufnahme
Bei der Gitarren-Amp Abnahme gilt grundsätzlich erstmal das gleiche wie bei der
Aufnahme eines jedes anderen Instruments: Der Sound VOR dem Mikrofon muss
stimmen. Dafür sind viele Faktoren von Bedeutung:
· der Raum sollte möglichst frei sein von Dingen, die anfangen zu rappeln und zu klappern
· die Gitarre muss optimal getuned sein; mit einer verstimmten oder nicht bundreinen Gitarre braucht man gar nicht erst anfangen
· der Amp sollte sich so anhören, wie er auch auf der Aufnahme klingen soll; und zwar wenn man davor steht. Die weit verbreitete Annahme „das machen wir alles in der Nachbearbeitung“ funktioniert in der Praxis nicht
· wenn der Amp/ die
Gitarre im Raum nicht klingt, dann braucht man gar nicht erst mit der Aufnahme
anzufangen
Jetzt sind wir also so weit, dass wir die o.g. Bedingungen erfüllen, so dass
jetzt die Frage geklärt wird, wie der Gitarrensound optimal im Rechner
aufgenommen werden kann. Zuerst geht es an die Abnahme des Amps mit einem
Mikrofon.
Die Aufnahme
Das wohl am meisten verbreitete und vor allem bezahlbare Mikrofon für diesen
Zweck ist das Shure Beta SM57.
Das Mikro wird so vor dem Amp positioniert, dass es genau mittig auf die
Kalotte zeigt. Man spricht hier von einer axialen Mikroabnahme. Meist fällt bei
den ersten Aufnahmeversuchen auf, dass der Gitarrensound jetzt sehr höhenlastig
klingt. Ist der Höheneindruck zu aufdringlich, dreht man einfach das Mikro
weiter von der Mitte weg an den Rand des Speakers. Die Aufnahme verliert dabei
immer mehr Höhenanteile, der Sound wird insgesamt etwas runder und weicher.
Hierbei spricht man von einer „Off-Axis“-Mikropositionierung. Die richtige
Einstellung zu finden hängt stark von der verwendeten Box, den Speakern, der
Gitarre, dem Amp und natürlich dem gewünschten Ergebnis ab. Es sollte und darf
hier auf jeden Fall experimentiert werden. Mit der Zeit gewinnt man ein Gespür
für den „perfekten“ Sound.
Wichtig ist auch, eine Monoaufnahme zu machen, da das Mikrofon den Amp ja auch
nur mono abnimmt. Stereo bringt in diesem Fall nichts.
Nach der Aufnahme im Rechner wird aufgenommen, stellen aber beim Anhören fest,
dass diese noch nicht so „fett“ klingt, wie man sie gerne haben will.
In diesem Fall lohnt es sich, den selben Part einfach noch mal einzuspielen,
natürlich auf einer anderen Spur. Dieser Vorgang nennt sich dann im Volksmund
„doppeln“. Von einem einfachen Kopieren der ersten Aufnahme ist abzuraten, da
das Endergebnis hierbei eigentlich nur lauter, aber nicht fetter und breiter
klingen wird.
Nach dem Doppeln sollte man eine Spur im Panorama nach hart links und die
andere hart rechts
Was fällt dabei auf? Es klingt matschig? Dann wurde unsauber und nicht
timinggenau gespielt, also die Aufnahme einfach noch einmal wiederholen.
Wenn es aber fetter klingt? Dann ist man auf dem richtigen Weg und kann
weitermachen.
Ab jetzt gibt es mehrere Möglichkeiten, wie man fort fährt.
Ist man timing-technisch ein 100%iger Meister? Dann sollte Gitarren noch
zweimal eingespielt werden. Diese Aufnahme dann im Gegensatz zur ersten nur
etwa halb links und halb rechts im Panorama verteilen und die beiden Spuren
etwas leiser pegeln.
Man stellt dabei fest, dass dies den Sound wesentlich fetter macht. Das
funktioniert aber nur, wenn wirklich exakt eingespielt worden ist.
Ein weitere Möglichkeit, ohne das berühmte Doppeln zu nutzen, ist zum Beispiel
die Verwendung eines zweiten Mikrofons. Dieses kann man auf mehrere Arten
einsetzen.
Ein zusätzliches Großmembran-Kondensatormikrofon wird in Verbindung mit dem „Closemike“
(siehe oben) ca. 15cm dahinter eingesetzt. Hierbei darauf achten, dass es keine
Phasenauslöschung gibt, also dass die beiden Signale zu ähnlich sind und bei
gleichzeitigem Abspielen Frequenzen „verloren“ gehen, weil sie sich gegenseitig
auslöschen.
So könnte das ganze dann aussehen:
Man setzt also das Großmembran-Mikro zusätzlich ein und spiel die
Gitarrenspuren zweimal, eine wird im Panorama hart nach links, die andere hart
nach rechts gelegt. Man sollte sich die Einzelspuren der beiden Mikros genau
anhören und auch hierbei verschiedene Abstände bzw. Positionierungen
ausprobieren.
Die Aufnahmespur des Großmembran-Mikros sollte etwas leiser als die des Closemikes
eingestellt werden. Ergebnis? Mit Sicherheit ein wesentlich druckvollerer Sound
als die Ein-Mikro-Variante.
Natürlich sollte man auch bei dieser Methode doppeln, das lohnt sich immer.
Tipp: Je mehr Mikros man einsetzt, desto „fetter“ wird der Klang hinterher. Man
sollte aber weitere Mikrofone nicht mehr direkt vor der Box positionieren,
sondern sehr viel weiter entfernt im Raum. Aber auch hierbei auf die
Phasenauslöschungen achten.
Jetzt wird es nochmal etwas komplizierter und technischer, aber was tut man
nicht alles für einen fetten Gitarrensound.
Das Multiamping
Gehen wir mal von folgendem Szenario aus: Du hast in deinem Probe - / Aufnahmeraum
zwei Gitarrenverstärker/ Topteile und 2 Boxen. Jetzt hast du deine Boxen mikrofoniert
und beide Amps so eingestellt, dass Dir der Sound auch gefällt, jeder für sich.
Besorge Dir nun einen Splitter, stecke deine Gitarre rein, und gehe mit einem
Out in Amp 1 und mit dem anderen in Amp 2.
Diese Signal nimmt man nun zweimal auf und verteilt es wie oben beschrieben im
Panorama.
Was fällt einem dabei auf? Man ist eindeutig auf dem richtigen Weg. Durch die
verschiedenen Amps und die Überlagerung der Signale im Raum erhält man hierbei
schon einen enorm „fetten“ Gitarrensound.
Das ganze läßt sich aber noch verfeinern:
Wir haben jetzt einen Splitter, zum Beispiel mit 4 Kanälen. Jede Box ist
jeweils mit je einem Closemike und einem Ambient (das Großmembran-Mic) mikrofoniert,
welches sich ca. 10-20cm dahinter befindet.
Jetzt nimmt man noch ein bis zwei weitere Großmembran-Mikrofone dazu und
positioniert diese im Raum, so dass sie die Signale aus beiden Boxen genau
einfangen, dabei aber nicht zu weit voneinander entfernt stehen. Weiterhin
speist man jetzt ein Signal aus dem Splitter direkt in die Audiokarte des
Rechners ein, das vierte Signal schickt man vorher nur kurz durch einen
Bodentritteffekt, der es extrem verzerrt.
Wie man sieht, braucht es hierfür einiges an Equipment, also zusätzliche
Mikrofone, bei Bedarf Mikro-PreAmps und eine Audiokarte mit mehreren Eingängen.
Nach der Aufnahme fällt auf, dass die beiden Amps mit den davor stehenden
Mikros wie bisher klingen (an der Aufnahmetechnik wurde ja nichts verändert).
Diese Signale werden jetzt wie folgt im Panorama verteilt: Das Closemike
jeweils 100% R/L und die Ambient-Mikros etwa 75% R/L mit weniger Pegel.
Dazu kommen jetzt noch die beiden Signale der Raummikros, die leise
dazugemischt werden. Aber was ist mit den anderen beiden Signalen? Das
verzerrte Signal des Bodentreters wird wahrscheinlich erst einmal sehr dünn
klingen und das unverzerrte Direktsignal scheint nicht so richtig zum
Gesamtbild zu passen.
Weiterlesen – die Antwort folgt!
Amp-Simulationen
Kommen wir nun zu Amp-Simulationen. Ich gehe hier mal nicht auf die
verschiedenen Hersteller und deren Produkte ein, sondern versuche einfach mal
zu erklären, was das überhaupt ist.
Eine Amp-Simulation verändert in erster Linie das Signal. Im Wesentlichen wird
durch Kompression und EQing das Signal so verändert, dass es wie eine
Mikroaufnahme aus einer Gitarrenbox klingt.
Jetzt denkt man vielleicht, dass man eine Amp-Simulation gar nicht braucht, da
man ja schon selbst den eigenen Amp mikrofoniert hat. Das stimmt zum Teil auch.
Aber im Grunde wird das bearbeitet Signal ja zu den eigenen Aufnahmen
dazugemischt, um den ganzen Sound fetter und breiter zu machen.
Dazu führt man das cleane Gitarrensignal (also die Direktaufnahme von oben) in
die Amp-Simulation und stellt diese so ein, dass ein guter Sound erzeugt wird.
Am Ende macht man mit dem EQ einen „ gnadenlosen“ Low-Cut bei ca.150 – 180 Hz.
Dadurch wird das Signal dünn, aber das ist Sinn und Zweck dabei.
Dieses „dünne“ Signal mischt man jetzt zu den bestehenden Signalen (s.o.), im
Panorama am sinnvollsten „zwischen“ die Closemikes und die Ambient-Mikros. Auch
die Lautstärke darf nicht allzu groß sein, lediglich so, dass das Signal nicht direkt
bewußt wahrgenommen wird, wenn es fehlt, man dieses Fehlen aber trotzdem merkt.
Auf diese Weise wird dem Gesamtgitarrensound insgesamt zu etwas mehr Präsenz
verholfen.
Das verzerrte Signal wird gleichermaßen behandelt. Auch hier erfolgt eine
Ausdünnung der tiefen Signalanteile mit dem EQ und ein dezentes Hinzumischen
zum Gesamtsound.
Tipp zum Abschluss: Bitte sehr behutsam mit cleanen Signalen und der Amp-Simulation
umgehen. Man macht hier schnell den Mix kaputt. Wie immer gilt die Devise:
Weniger ist mehr!